WIE SICH EINE KLEINE BOHNE IN DER WELT BEHAUPTET

Kaffee ist eine Pflanzengattung in der Familie der Rötegewächse (Rubiaceae). Mehr als 100 Arten sind bis dato bekannt. Die bekanntesten darunter sind Coffea arabica und Coffea canephora (umgangssprachlich: Robusta). Diese sind auch die beiden relevanten Kaffee-Gattungen am Weltmarkt.
Betrachtet man beide Gattungen auf chemischer Ebene, so lassen sich Geschmacks-Tendenzen herleiten. Signifikante Unterscheidungsmerkmale sind Koffein- und Chlorgensäurengehalt, Fett- und freier Aminosäurengehalt, Saccharose und Polysaccharidgehalt. Als „molekulare Bausteine“ haben diese Stoffgruppen einen großen Anteil am Ergebnis der Röstung und somit am Geschmack in der Tasse. Koffein bleibt während der Röstung im Wesentlichen stabil – die Werte verändern sich kaum. Arabicas haben in der Regel um die 1% Koffeinanteil, Robustas um die 2%. Koffein schmeckt in Reinform bitter und trägt in der Tasse zwischen 10-30% zur Bitter-Sensation bei.

Bis dato wurden 72 verschiedene Chlorogensäuren in grünen Kaffeebohnen identifiziert. Ihre Hauptgruppen tragen in der Röstung wesentlich zur Charakteristik von geröstetem Kaffee bei: Arabica hat bis zu 10% und Robusta bis zu 14% Chlorogensäurenanteil. Durch die Röstung können aus den Chlorogensäuren zum einen würzig bis rauchige Aromen wie Guaiacol entstehen und zum anderen aber auch Vanillin. Weitere Abbauprodukte – besonders in dunkleren Röstungen – wie die Chlorogensäuren-Laktone oder Phenylindane, lösen meistens größte Verbitterung im wahrsten Sinne des Wortes beim Kaffeegenießer aus. Die beschriebenen Vorgänge sind in Robusta Sorten dementsprechend wahrscheinlicher und häufiger. Hier gilt es mit viel Sorgfalt in der Landwirtschaft und bei der Röstung die gustatorisch relevanten Vorteile dieser Gattung über dessen Nachteile zu schieben.

Neben den sensorischen Einflüssen leisten Chlorogensäuren aber auch wichtige physiologische Beiträge – als Antioxidantien im Körper. Kaffee gilt als einer der hauptsächlichen Lebensmittelquellen für Chlorogensäuren. Koffein und Chlorogensäuren sind in den Kaffeepflanzen sogenannte „defense metabolites“. Koffein wirkt als Nervengift vor allem gegen Fraßfeinde. Chlorogensäuren wirken antioxidativ gegen Stressreaktionen in der Pflanze oder dienen als Bausteine für Lignin zur Verholzung. Das heißt, sie helfen der Pflanze in der Abwehr von Fraßfeinden, Infektionen und Entzündungen. Je mehr Kaffeegattungen in der Evolution gezwungen sind sich zu behaupten – desto mehr dieser Stoffe wurden im DNS-Bauplan (engl.: DNA) „eingepreist“. Der Name „Robusta“ stammt von dieser Fähigkeit, widrigen Umständen zu trotzen. Aufgrund dieser Eigenschaften gewinnt der Robusta hinsichtlich der Problematik des Klimawandels zunehmend an Bedeutung. Neue Entwicklungen lassen hoffen, dass die Qualitäten sich verbessern und wir neben der „robusten“ Eigenschaft auch eine überzeugende Geschmacksüberraschung in der Tasse wiederfinden.

Presse Juni 2021